Berufs- und Ehrenordnung

(Grundsätze des Standesrechts)
(Verabschiedet von der Mitgliederversammlung vom 12.05.1973 in Heidelberg. Geändert von den Mitgliederversammlungen 1976, Juni und Oktober 1986, 1991, 2001, 2003. In der von der Mitgliederversammlung am 01.05.2005 in Braunschweig beschlossenen Fassung)

In der Erkenntnis, dass Dolmetscher und Übersetzer unentbehrliche Mittler zwischen den Völkern sind und damit eine große Verantwortung für das Gedeihen einer Verständigung der Völker untereinander tragen, und in dem Willen, einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten sowie der Kultur, der Wissenschaft, der Öffentlichkeit, der Politik und der Wirtschaft der Völker untereinander zu dienen, haben sich die im Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ) zusammengeschlossenen Sprachmittler die folgende Berufs- und Ehrenordnung gegeben, die Bestandteil der Satzung des BDÜ ist.

§ 1
Dolmetscher und Übersetzer haben ihre Berufe objektiv, unparteiisch und gewissenhaft auszuüben. Sie haben sich innerhalb und außerhalb der Berufe der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung und Aufgabe der Dolmetscher und Übersetzer erfordern, würdig zu erweisen.

§ 2
Dolmetscher und Übersetzer dürfen sich nur in solchen Sprachen und auf solchen Sachgebieten betätigen, in denen sie über einwandfreie Kenntnisse verfügen, um die übertragenen Aufgaben auch gewissenhaft ausführen zu können.

§ 3
1. Dolmetscher und Übersetzer sind in der Annahme eines Auftrages frei, es sei denn, Gesetz oder Standesrecht verbieten die Annahme oder schreiben sie vor. Bei Gemeinschaften von Dolmetschern und Übersetzern gelten Verbote jeweils auch für den oder die anderen Partner der Gemeinschaft, und zwar auch nach deren Beendigung.
2. Dolmetscher und Übersetzer dürfen einen Auftrag nicht zur Unzeit kündigen, es sei denn, dass zwingende Gründe vorliegen.
3. Dolmetscher und Übersetzer, die in ihren Berufen in Anspruch genommen werden, aber den Auftrag nicht annehmen können oder wollen, müssen die Ablehnung unverzüglich erklären.
4. Dolmetscher und Übersetzer halten Vereinbarungen über Termine und Fristen ein. Falls dies unmöglich sein sollte, sind die Beteiligten rechtzeitig und gründlich zu unterrichten.

§ 4
Dolmetscher und Übersetzer dürfen nicht tätig werden, wenn sie
1. insbesondere durch ein ihnen zugemutetes Verhalten ihre Berufspflichten verletzen würden,
2. von einem anderen Auftraggeber in derselben Sache bereits in Anspruch genommen worden sind oder werden und wenn sie dadurch in eine Konfliktsituation geraten.

§ 5 Verschwiegenheitspflicht
1. Die standesrechtliche Pflicht zur Verschwiegenheit, erstreckt sich, unabhängig von etwaigen gesetzlichen Regelungen, auf alles, was Dolmetschern und Übersetzern in Ausübung ihrer Berufe anvertraut worden oder ihnen bei Gelegenheit der Berufsausübung bekannt geworden ist, soweit nicht das Gesetz oder Grundsätze der Rechtsprechung Ausnahmen zulassen.
2. Diese Pflichten bestehen auch über die Beendigung des Auftragsverhältnisses hinaus und auch gegenüber demjenigen, dem die betreffende Tatsache bereits von anderer Seite mitgeteilt worden ist.

§ 6
Eine Weisung des Auftraggebers kann einen Verstoß gegen das Standesrecht nicht rechtfertigen.

§ 7
1. In Streitigkeiten, die durch die Organe des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer oder seiner angeschlossenen Verbände behandelt werden, sind Dolmetscher und Übersetzer verpflichtet, auf Fragen und Anfragen fristgemäß Auskunft zu geben sowie auf Verlangen ihre Unterlagen vorzulegen, es sei denn, dass sie dadurch ihre Verpflichtungen zur Verschwiegenheit verletzen würden. Auch sind sie verpflichtet, vor diesen Organen oder einem beauftragten Mitglied derselben zu Verhandlungen und Besprechungen persönlich zu erscheinen.
2. Der BDÜ, seine Landes- und Mitgliedsverbände sind, bevor sie ein ehrengerichtliches Verfahren einleiten, berechtigt, den dieser Berufs- und Ehrenordnung unterliegenden Personen ihr mutmaßliches Fehlverhalten mitzuteilen und ihnen eine Stellungnahme hierzu anheim zu stellen sowie sie abzumahnen.

§ 8
Die fristgemäße Zahlung der Mitgliedsbeiträge und sonstigen Umlagen, auch in den angeschlossenen Verbänden, ist Standespflicht.

§ 9
Die Standespflicht der Kollegialität verbietet Dolmetschern und Übersetzern, das Ansehen des Berufsstandes durch ihr Verhalten zu gefährden. Unsachliche Angriffe auf die Person eines Kollegen in Wort und Schrift sind ein Verstoß gegen die Standespflicht.

§ 10
Dolmetscher und Übersetzer bewahren in der Beurteilung der Leistung von Berufskollegen taktvolle Zurückhaltung. Kritik an einer fehlerhaften Arbeit ist ohne Schärfe vorzubringen.

§ 11
Für Streitigkeiten aus mitgliedschaftlichem und beruflichem Verhalten vereinbaren die Mitglieder mit dem Beitritt zum Berufsverband die Zuständigkeit des Ehrengerichts des BDÜ.

§ 12
Gemeinschaften von Dolmetschern und Übersetzern, die ihreTätigkeit freiberuflich ausüben, sind in der Rechtsform von Personengesellschaften oder Genossenschaften zulässig. Die Schlechterstellung eines Kollegen aus nicht sachgerechten Gründen ist hierbei standesrechtlich unzulässig.

§ 13
Die Vereinbarung des Ausschlusses der Haftung eines Dolmetschers und/oder Übersetzers für seine Tätigkeit und für Berufsversehen muss schriftlich erfolgen.

§ 14
Bei der Bemessung des Entgelts für ihre berufliche Tätigkeit müssen sich Dolmetscher und Übersetzer grundsätzlich an die gesetzlichen Bestimmungen halten. Dolmetscher und Übersetzer enthalten sich jeder unlauteren Form des Wettbewerbs. Als unlauterer Wettbewerb ist insbesondere anzusehen − planmäßiges zielgerichtetes Unterbieten in der Absicht, Mitbewerber zu schädigen oder zu verdrängen, − die unsachgemäße Kritik an Kollegen gegenüber Dritten, um die eigenen Leistungen hervorzuheben.

§ 15
Die entgeltliche Übernahme der Praxis eines Dolmetschers oder Übersetzers durch einen anderen, hierzu sachlich und fachlich Befähigten ist zulässig. Die Bedingungen für den Praxiserwerb müssen angemessen sein.

§ 16
  Beschäftigt ein Dolmetscher oder Übersetzer einen anderen Kollegen im Angestelltenverhältnis oder als freien Mitarbeiter, so hat er ihm angemessene Vertragsbedingungen und leistungsgerechtes Entgelt für seine Tätigkeit zu gewähren.

§ 17 Zusammenarbeit
Für die Mitglieder des Verbandes der Konferenzdolmetscher im BDÜ und Mitglieder des BDÜ, die als KD gekennzeichnet sind, ist außerdem die Berufs- und Ehrenordnung des VKD verbindlich.

§ 18
Dolmetscher und Übersetzer dürfen nur solche Berufsbezeichnungen und Titel führen, die sie nach den Bestimmungen der Gesetze zu führen berechtigt sind.

§ 19
Dolmetscher und Übersetzer dürfen das Ansehen von Mitgliedern des Berufsstandes nicht gefährden, ebenso wenig das Ansehen des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer und seiner angeschlossenen Verbände. Ebenso dürfen sie nicht die ihnen übertragenen Verbandsämter zum eigenen Nutzen missbrauchen. Verstöße gegen die Satzung des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer oder des zuständigen Landesverbandes sind standeswidrig.

§ 20
Über die Wahrung der vorstehenden Grundsätze wachen die in der Satzung des BDÜ oder seiner Landesverbände vorgesehenen Organe, die von jedem Mitglied des BDÜ und seines Landesverbandes angerufen werden können.